Sonntag, 26. Januar 2014

"Autostadt" Bremerhaven oder... es ginge auch anders!

Seit Jahrzehnten wird in Bremerhaven dem Individualverkehr (überwiegend PKW) Vorrang vor allen anderen Verkehren eingeräumt.Bremerhaven ist eine Autostadt, zumindest aus der Sicht der Stadtplaner und politisch Verantwortlichen der vergangenen Zeit.

Jeder auch noch so kleine Versuch, ein Verkehrskonzept mit Alternativen zu entwickeln, scheitert an dem Auto-Befürwortern. Jeder soll vom Auto direkt in in Innenstadt aussteigen können, am Besten, ohne von frischer Luft belästigt zu werden. So wurde unsere Innenstadt entwickelt, falls hier wirklich von Entwicklung geschrieben werden kann.

Auch die vorerst letzte gestalterische Möglichkeit einer Verkehrsalternative ist seitens dieser Rückwärts gewandten Verfechter des Rechts auf automobiler Selbstverwirklichung verhindert worden. Bei der Planung der jetzigen Havenwelten gab es doch tatsächlich die Idee, dezentral am Rande der Stadt Parkraum zu schaffen und so etwas ähnliches wie einen modernen P + R- Verkehr aufzubauen. Vergeblich, die Bedenkenträger haben sich wieder durchgesetzt.

Das Hauptargument ist jedes Mal das Gleiche: "Kann der Kunde nicht bis direkt in den Laden fahren, fährt er zu den Einkaufszentren am Stadtrand"

Und was ist passiert? Der Kunde kann in Bremerhaven zum Teil bis direkt unter das Geschäft fahren und fährt trotzdem zum Einkaufszentrum am Stadtrand. Einkaufen hat eventuell doch etwas mit Angebot und Nachfrage zu tun.  Ein Schelm wer hier an Schilda denkt!

Aber schauen wir uns doch Bremerhaven einmal an:


Langgezogen erstreckt es sich, westlich von der Weser und östlich von der Autobahn 27 begrenzt wie ein Schlauch auf über 15 km Länge und kann zusätzlich mit vier Bundesstraßen glänzen. Von diesen führen drei direkt in das Zentrum und verursachen dort regelmäßig eine Unmenge von Verkehr.

Das eine dieser Bundesstraßen, die B 212, die Innenstadt buchstäblich durchschneidet, haben nun sogar die politisch Verantwortlichen festgestellt und eine Studie in Auftrag gegeben, wie die schönen neuen Havenwelten mit der "alten" Fußgängerzone verbunden werden kann.

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen, ein Haupthinderungsgrund für eine gemeinschaftliche Entwicklung ist, wer hätte es anders gedacht, der die Innenstadt durchschneidende Verkehr. Neben einigen kosmetischen Mittel wie mehr Grün und Querverbindungen besteht die hauptsächliche Empfehlung darin, die B 212 zurückzubauen und die seit Jahren umstrittene  Linienführung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu verändern.

Ohne den genauen Wortlaut der Studie zu kennen gehe ich schon jetzt davon aus, dass sie quasi die gesamte Verkehrspolitik der Stadt der vergangenen Jahre ad absurdum führt. Statt groß, breit und schnell für den PKW wird als Ergebnis wohl eher klein, beruhigt und mit deutlichen Schwerpunkt auf den ÖPNV lauten.

Aber schauen wir uns doch einmal unsere "Schwesterstadt" Bremen an. Hier finden wir eine weitläufige Fußgängerzone deren Parkhäuser am Innenstadtrand liegen. Es führt ein gut ausgebautes Straßenbahnnetz in die City mit der man vom Stadtrand in fünf Minuten in der Innenstadt ist mit entsprechenden P + R Parkhäusern. Geht also!

Das Bremerhaven aufgrund der gestreckten Lage prädestiniert für den Einsatz von Straßenbahnen ist wurde natürlich auch schon durch Studien hinterlegt. Diese allerdings wurden nicht von den politisch Verantwortlichen sondern vom vcd Kreisverband Bremerhaven in Auftrag gegeben. http://www.vcd.org/vorort/bremerhaven.

Leider werden jetzt die für Bremerhaven typischen Mechanismen greifen. Die Studie wird zur Kenntnis genommen, auf die leeren Stadtkassen hingewiesen, an die Eigeninitiative der Kaufmannschaft und Immobilienbesitzer appelliert und besten Falls werden wir demnächst unseren OB beim öffentlichkeitswirksamen Fotoshooting beobachten können weil er mit einer großen Schaufel einige Grünpflanzen mit Erde beglückt um wenigstens einen Teilaspekt des Gutachtens umzusetzen. 

Die Ohrfeige für die miserable städtische Verkehrsplanung wird dann einfach weggelächelt. 

Ach ja, der gleiche OB wird demnächst den Grundstein für ein riesiges Möbelhaus am Stadtrand setzen. Ob er damit auch die Innenstadt stärkt? Und hier sei ein Blick auf eine andere Stadt, nämlich Hamburg geworfen, wo der gleiche Möbelgigant ein innerstädisches Konzept mit all seinen Vor- und Nachteilen umsetzt. Hier wurde zumindest einmal eine Alternative zur grünen Wiese durchgeplant und verwirklicht.

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